Erster Auftritt.

Iphigenie. Denken die Himmlischen Einem der Erdgebornen Viele Verwirrungen zu, Und bereiten sie ihm Von der Freude zu Schmerzen Und von Schmerzen zur Freude Tief-erschuetternden uebergang; Dann erziehen sie ihm In der Naehe der Stadt, Oder am fernen Gestade, Dass in Stunden der Noth Auch die Huelfe bereit sei, Einen ruhigen Freund. O segnet, Goetter, unsern Pylades Und was er immer unternehmen mag! Er ist der Arm des Juenglings in der Schlacht, Des Greises leuchtend Aug’ in der Versammlung: Denn seine Seel’ ist stille; sie bewahrt Der Ruhe heil’ges unerschoepftes Gut, Und den Umhergetriebnen reichet er Aus ihren Tiefen Rath und Huelfe. Mich Riss er vom Bruder los; den staunt’ ich an Und immer wieder an, und konnte mir Das Glueck nicht eigen machen, liess ihn nicht Aus meinen Armen los, und fuehlte nicht Die Naehe der Gefahr die uns umgibt. Jetzt gehn sie ihren Anschlag auszufuehren Der See zu, wo das Schiff mit den Gefaehrten In einer Bucht versteckt auf’s Zeichen lauert, Und haben kluges Wort mir in den Mund Gegeben, mich gelehrt was ich dem Koenig Antworte, wenn er sendet und das Opfer Mir dringender gebietet. Ach! ich sehe wohl, Ich muss mich leiten lassen wie ein Kind. Ich habe nicht gelernt zu hinterhalten Noch jemand etwas abzulisten. Weh! O weh der Luege! Sie befreiet nicht, Wie jedes andre wahrgesprochne Wort, Die Brust; sie macht uns nicht getrost, sie aengstet Den, der sie heimlich schmiedet, und sie kehrt, Ein losgedruckter Pfeil, von einem Gotte Gewendet und versagend, sich zurueck Und trifft den Schuetzen. Sorg’ auf Sorge schwankt Mir durch die Brust. Es greift die Furie Vielleicht den Bruder auf dem Boden wieder Des ungeweihten Ufers grimmig an. Entdeckt man sie vielleicht? Mich duenkt, ich hoere Gewaffnete sich nahen!—Hier!—Der Bote Kommt von dem Koenige mit schnellem Schritt, Es schlaegt mein Herz, es truebt sich meine Seele, Da ich des Mannes Angesicht erblicke, Dem ich mit falschem Wort begegnen soll.